Wo mag der Fehler liegen?

Wo mag der Fehler liegen, spricht jemand im Jahre 2020 (__auch schon vorher__) von Direkter Demokratie und ein anderer, der bei der Partei „Die Linke“ aktiv ist, läßt in seiner Antwort, u.a., Phrasen fallen wie:

Peisistratos, der kein schlechter Herrscher war

oder

Tyrannis, ein Begriff, der einst nicht negativ gewesen,

sogar weiß, daß es altgriechische „Lobbyisten“ gegeben habe, die „schon damals“ das „Scherbengericht“ über jemanden herbeigeführt hätten, den „andere“ politisch erledigt sehen wollten … und folglich nicht mehr überraschend schließt:

Das Volk kann verführt werden,
ebenso wie jeder einzelne?

Oder anders gefragt, was will mir derjenige damit sagen, wenn er lediglich plattengleich etwas ableiert, das dem Ab_krächzen geflügelter Worte gleicht, ohne das ihm auch nur ein fragender Hauch durch den Sinn geht, nämlich: was unter Direkter Demokratie im Jahre 2020 zu verstehen sein könnte, wenn diese nicht in einem Freilichtmuseum mit gesellschaftspolitischen Aufbauten eines altgriechischen Stadtstaates, sondern in einem Territorialstaat heutiger Prägung, gar in einem Gebilde wie der EU _lebendig_ wirksam werden soll?

Nun, ich gebe die Antwort:

Der Fehler liegt darin, daß da jemand politisch analphabetisch ist und das dadurch zu verdecken sucht, daß er Begriffe verwendet, die er sich mal eben schnell zusammengekehrt hat. Dabei ist Direkte Demokratie _der_ Hebel um den real existierenden Parteienstaat zu beseitigen, politische Karrieristen abzuschieben, das kreuz und quergespannte politisch-lobbyistische Seilschaften-Netzwerk zu durchschneiden und erst eine tatsächlich demokratische Entwicklung zu ermöglichen. Was ist dagegen zu sagen? Utopisch oder nur unrealistisch? Und warum?

Was ist von jemandem zu halten, der sich für „links“, aber „nicht für ‘links’ geschichtsvergessen“ — der also unbedingt „progressiv“ sein muß —, da er ja, so wie andere bei den Grünen, die, auf _ihre_ Weise, für „etwas“ Perse_isches stehen sollen, bei der Partei „Die Linke“ ist?

Offenbar:

Die zeitgenössischen politischen Analphabeten sind so ratlos wie verängstigt, daß sie glauben, Direkte Demokratie würde sofort Faschisten an die Macht bringen. Damit belegen sie einmal mehr, daß sie bloß etwas vom Vergangenen zu wissen meinen: denn nicht ein einziges Referendum gab es in der Weimer Republik, das Forderungen faschistoider Kräfte nachgekommen wäre. — Aber Direkte Demokratie (__nicht nur im Jahre 2020__) bedeutet keineswegs, alles über Referenden zu regeln, denn das wäre in der Tat nicht möglich, handelt es sich um einen Territorialstaat heutiger Prägung oder gar um ein Gebilde wie die EU.(__1__)


In diesem Zusammenhang erscheint es mir nun keineswegs unpassend, die kürzlich vernommene Bemerkung eines anerkannt intellektuellen Insassen des deutschen Staates zu zitieren:

[…] wie ich auf diese Art Demokratie scheiße […]

So etwas muß man richtigstellen, denn objektiv gesehen ist es nicht möglich, auf etwas zu scheißen, das nicht existiert. … Man stelle sich vor, das geschähe kollektiv. Immerhin ermöglichte das jenen, die mit fester Stimme erzählen, „wir“ hätten Demokratie, auf die, da von ihr offenbar ermüdet, die Masse der Menschen jetzt sogar anfingen kollektiv zu scheißen, wie jeder sehen könne, jenes ganz offiziell zu benennen, das bereits existent ist.(__2__) Denn das ausgiebig auf die Demokratie Scheißen geschah von seiten des deutschen Establishments schon längst. Es wäre daher ein Fehler, die Spuren dieser Täterschaft nun dadurch zu überdecken, daß man auf etwas Simuliertes zu scheißen anfinge. …

Vielleicht wäre es an der Zeit,
nichts mehr auf die politische Unschärfe
bürgerlicher Intellektueller zu geben,
um nicht zu sagen:

zu scheißen?



© Joachim Endemann (__EndemannVerlag__)

(__1__) Nun, was Direkte Demokratie bedeutet und was die benötigt, findet der interessierte Mensch in: Sie fragen noch, wie die «Verhältnisse» liegen? erläutert. Dieser seltene Mensch möge diesbezüglich dort mit Aspekt 2: „Was eine Passage in Chestertons: ‘The Man who was Thursday: A Nightmare’ offenbart“ beginnen, da diese Passage einen Einblick in etwas eröffnet, das in doppelter Hinsicht aufschlußreich ist, und Aspekt 32: „Die erste Demonstration der unbewußten Real-Satiriker ereignete sich am 19. Mai 2019“, dort die Seiten 337 ff., beginnend mit: „folgendes ist keine politische Geschmacksfrage“, sowie die Seite 669, beginnend mit: „Also sei zum Abschluß nicht allein die Frage wiederholt: Was spricht noch gegen Direkte Demokratie, spricht nichts für die simulierte Demokratie des lobbykratischen Systems …[…]?“.

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(__2__) Siehe dazu Die tri_logische Sezierung des lobbykratischen Zeitalters, Bände I-III.

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