Wellen im Wasserglas: «BI stellt eigenen geschlechtsunspezifischen Kandidaten auf!»

So titelte das Blatt des Konzerns für Meinungsorientierung (__KofMein__) in der Massengesellschaft. Das war aber eine Falschmeldung, die erst nach langem Hin und Her korrigiert werden konnte. Denn das Meinungsorientierungsbüro des KofMein-Blatts mußte natürlich erst einmal prüfen, ob die Begründung fürs Dementi der Bevölkerung _rein_ einzuschenken wäre: heutzutage schlägt ja alles sofort Wellen: im Wasserglas. Aber die Dementi-Argumentation konnte dann ungekürzt über die Klinge springen. Und so konnte die Falschmeldungskorrektur auf lokaler Ebene das Licht in der meinungsorientierten Massengesellschaft rein erblicken:

Wir haben leider keinen Kandidaten. Als OB-Kandidat sollten wir uns ja auch mit allen anderen Themen beschäftigen. Wir sind nur eine Bürgerinitiative und können das nicht leisten.

Das hört sich vernünftig an

(__zumal das im real existierenden 
lobbykratischen Staat sowieso nicht üblich ist__)

und konnte deshalb schließlich vom Meinungsorientierungsbüro des KofMein-Blatts abgenickt werden, so daß die von der BI korrigierte Falschmeldung: «BI stellt eigenen geschlechtsunspezifischen Kandidaten auf!» schließlich das flackernde lokale Meinungsorientierungslicht _rein_ (__und ohne weiteren Kommentar des Meinungsorientierungsbüros__) erblicken durfte.

Denn worum geht es?

Nun, diese

(__die realen Verhältnisse in keiner Weise treffende__)

BI-Aussage, die eben deshalb veröffentlicht werden durfte, bestätigt einmal mehr die lobbykratische Weisheit:

Den Neoliberalismus in seinem Lauf
halten weder Igel noch Hase auf.

Wo bliebe andernfalls der weitere

Fort_Schritt?


Das bisher Gesagte ist natürlich fiktiv und teilweise auch falsch, denn es gibt kein „Blatt des Konzerns für Meinungsorientierung (__KofMein__)“, oder? Wir haben schließlich Meinungsfreiheit. Das weiß (__geschlechtsunspezifisch!__) jeder.


(__Wie sich eine eigene Meinung bilden kann,
wovon das abhängig ist usw., nicht unbedingt:
Muß man immer alles genau wissen?__)


Was bedeutet „Meinungsfreiheit“ in einer lobbykratischen Gesellschaft? In einer lobbykratischen Gesellschaft bedeutet Meinungsfreiheit:

Sagen Sie ruhig, was Sie denken, denn a) spielt das sowieso keine Rolle und b) erleichtern Sie uns, Sie ‘auszurechnen’. Denn worum geht es in einer lobbykratischen Gesellschaft, in der fast alle wissen, daß man eine Funktionselite benötigt, die in ‘unserem — also nicht in Ihrem — Sinne funktioniert? Die gesellschaftspolitische Richtung _stets_ so zu korrigieren, daß _Sie_ den Eindruck haben, ausgerechnet auf _Sie_ käme es an, tatsächlich aber ‘unsere’ Richtung aufs ‘Ziel’ beibehalten bleibt:

ob nun via ‘Linkskurve’ oder Rechtskurve. …

‘Wir’ haben dazu natürlich auch unsere ‘politischen Sprechstunden’, da ‘wir’, wie jeder weiß, ‘zivilisiert’ sind

… wenn ich _Ihnen_ das ‘mal so sagen darf …

Sie fragen, was ‘unser’ Ziel ist? … Wir wollen nur Ihr Bestes. … Ist Ihnen das noch nicht aufgefallen?

Übrigens hatten _bisher_ weder Hase noch Igel je die Absicht, den Neoliberalismus aufzuhalten. Auch nicht Ochs und Esel. Zumal „Neoliberalismus“ vielen Menschen

(__in Sonntagsreden geht es ja um Menschen … ok: in Freitagsreden ums „Klima“, wo es dann vor Leugnern geschützt ist … nicht aber um Hasen oder Igel, die wollen sowieso nur ihr Habitat erhalten, was die übrigens alleine könnten, wenn auch mitunter „zusammen“ mit dem Fuchs__)

immer noch bloß als von Populisten boshaft verwendetes Schlagwort gilt.

(__Dabei läßt sich das,
was „Neolibealismus“ bedeutet,
in einem Satz benennen, also so,
wie _Sie_ es lieben: kurz. [__*__]__)

Nebenbei:

Es wäre eine Beleidigung, den Inhabern hasiger, igeliger, ochsiger oder eseliger Intelligenz, um nur Beispiele zu nennen, zu unterstellen, diese würden überhaupt auch nur auf den Gedanken kommen, Neoliberalistisches zu propagieren, geschweige zu praktizieren.

Warum ist das anzunehmen?

Nun, es ist bisher nicht bekannt, daß Hasen, Igel, Ochsen oder Esel, um, wie gesagt, nur Beispiele zu nennen, ihre Ausdruckmöglichkeiten zur Verschleierung dessen, was sie vorhaben, verwendeten

sehen wir jetzt von den üblichen Totstellreflexen usw. ab —,

oder daß zu erkennen wäre, daß sie sich einem Regime unterwerfen würden, das sie wesensmäßig reduziert. Das ist bei den Menschen deshalb anders, da Menschen anlagemäßig plastisch sind.

Natürlich,

das würde sich in einer Massengesellschaft fatal auswirken, gäbe es tat_sächlich „KofMein-Blätter“ … Wie aber die meisten Menschen gut zu wissen glauben, denn sie werden ja meinungsorientierend unterrichtet, ist das nicht der Fall. Doch selbst wenn, spielte das bald keine Rolle mehr: digitaler Unterricht entfaltet seine Wirkung längst dort, wo KofMein-Blätter noch nicht ansetzen können: im Meinungsbildungs_Vorfeld.

Vor diesem Hintergrund, bzw. vor dem konkreten Hintergrund der Verhältnisse in

_dieser_

Gesellschaft, kann aber gesagt werden:

das ist nicht der Punkt —

also bezogen auf das Aufstellen
eines OB-Kandidaten durch die HTV-BI

(__„HTV“ steht für
„Heinrich-Thöne-Volkshochschule“__),

die beim Bürgerentscheid im Oktober 2019
zwar so viele Stimmen erhalten hatte,
daß deren Vertretung als zweitgrößte politische Kraft
im Rat der Stadt Mülheim sitzen würden,
hätte dieser Entscheid nicht
einmaligen Ratsbeschluß-Charakter.

Denn zwar kann ein geschlechtsunspezifischer
Kandidat immer aufgestellt werden:

sieht man ja an den Parteien nicht nur in Mülheim.

Die Frage ist nämlich:

was wäre durch das Aufstellen
eines OB-Kandidaten zu gewinnen?

Antwort:

Aufrechterhaltung einer gesellschaftspolitischen Illusion.

Ist das sinnvoll?


Mit anderen Worten, das herrschende „politische Spiel“ hat zu simulierter Demokratie geführt.

Das Ergebnis? Um nur einige Beispiele zu nennen:

fraktionsübergreifende politische Seilschaften; Besetzung von Posten nicht nach Kompetenz, sondern nach Willfährigkeit; Etablierung einer Funktionselite, deren Mitglieder glauben, gesellschaftlicher Fortschritt sei das Ergebnis ihres karrieremäßigen Fortkommens; Bedienung mächtiger Partikularinteressen …

Das ist auf allen politischen Ebenen so: kommunal bis Brüssel.

Das hat zur Ausbildung einer Funktionselite geführt, die ihre Entscheidungen konstant ein Meter fünfzig über der Realität der Masse der Menschen fällt.

Die daraus zu ziehende Konsequenz?

Man ändert die gesellschaftspolitischen Bedingungen, aber man spielt nicht das Spiel der anderen Seite. Und geht das nicht, stellt man sich an den Rand, beobachtet das Geschehen, zieht die richtigen Schlüsse und weiß dann, was zu tun ist. Aber zum Narren machen, sollte man sich nicht!


„Gesellschaftspolitische Bedingungsänderung“ bedeutet übrigens, daß das Regelwerk direkter Demokratie auf allen gesellschaftspolitisch relevanten Ebenen eingeführt wird. Die beispielhaft aufgeführten Punkte

(__fraktionsübergreifende politische Seilschaften; Besetzung von Posten nicht nach Kompetenz, sondern nach Willfährigkeit; Etablierung einer Funktionselite, deren Mitglieder glauben,  gesellschaftlicher Fortschritt sei das Ergebnis ihres karrieremäßigen Fortkommens; Bedienung mächtiger Partikularinteressen__)

erledigen sich dann von selbst.

Utopisch oder unrealistisch?

Nun, es ist un_realistisch, aber das

_allein_

wegen der bestehenden gesellschaftspolitischen Verhältnisse. Das heißt es ist grundsätzlich realistisch. Hingegen ist es utopisch zu glauben, daß mit dem real existierenden lobbykratischen System, das sich in dem manifestiert, das als „Parteienstaat“ bezeichnet werden kann, eine ebenso demokratische wie friedliche gesellschaftliche Entwicklung möglich wäre.



Was Direkte Demokratie bedeutet und was die benötigt, findet sich in: Sie fragen noch, wie die «Verhältnisse» liegen? erläutert. Siehe dort insbesondere die Aspekte 2: „Was eine Passage in Chestertons: ‘The Man who was Thursday: A Nightmare’ offenbart“ und 32: „Die erste Demonstration der unbewußten Real-Satiriker ereignete sich am 19. Mai 2019“, dort die Seiten 337 ff., beginnend mit: „folgendes ist keine politische Geschmacksfrage“, sowie die Seite 669, beginnend mit: „Also sei zum Abschluß nicht allein die Frage wiederholt: Was spricht noch gegen Direkte Demokratie, spricht nichts für die simulierte Demokratie des lobbykratischen Systems … […]?“.


«… typisch für einen Parteienstaat ist …»


© Joachim Endemann (__EndemannVerlag__)

_1 Siehe dazu in: Die tri_logische Sezierung des lobbykratischen Zeitalters, Band I, Teilbände 1-3, Kapitel 1: „Erläuterung des Begriffs ‘Neoliberalismus’“, die Seite 59: „Eine Kurzdefinition des Begriffs ‘Neoliberalismus’“.

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