Wodurch wird (volkswirtschaftliches) Sparen möglich?

Ein abgelauschtes Gespräch aus einer fernen Vergangenheit des Menschengeschlechts zwischen einem Menschen, der „Schuldner“ und einem anderen Menschen, der „Sparer“ werden wollte.

(Das Gespräch wurde übrigens abgehört, als die Menschen noch nicht die Gewohnheit hatten, warenunspezifische Zahlungsmittel [„Geld“] zu benutzen):

Du, hör’ mal, ich will jetzt sparen, sagte der eine Akteur zum anderen Akteur auf dem  

d i r e k t e n  

Tauschmarkt.

Ist in Ordnung, sagte der andere. Damit du das aber kannst, muß zum Beispiel ich bereit sein, dir von deinem Ersparten etwas abzunehmen. … Du hast Glück, denn ich will zur Zeit mehr verbrauchen als ich selbst produzieren kann – ich möchte nämlich investieren!

Das trifft sich ja bestens, sagte der Sparwillige. Also produziere ich jetzt mehr als ich selbst verbrauchen will und gebe dir dieses Mehr. Was bietest du mir dafür?

Gut, sagte der Verschuldungswillige, dann bekommst du, nachdem ich deine ersparten Güter zum Investieren genutzt habe und der Mond zum sechsten Mal voll ist, gleichwertige Güter zurück und noch ein besonderes Gut zusätzlich.

Top! sagte der Sparwillige …

Von dem weiteren Hergang ist noch überliefert, daß nach dieser direkten Absprache, der Sparwillige mehr produzierte als er selbst verbrauchen wollte (oder konnte) und gab es dem Verschuldungswilligen vereinbarungsgemäß auf Güterkredit …

Nun, in einer monetären, also mit einem warenunspezifischen (allgemein anerkannten und akzeptierten) Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel („Geld“) ausgestatteten, arbeitsteiligen Wirtschaft, einer sogenannten Marktwirtschaft, werden solche Absprachen nicht mehr direkt getroffen. Statt dessen gibt es Signale, die Verbrauchswilligen/Verschuldungswilligen (die gleichzeitig Investitionswillige sein können) indirekt mitteilen, daß andere sparwillig sind.

Ein Sparwilliger zeichnet sich nämlich dadurch aus, daß er mehr produziert als er selbst verbrauchen will. Das heißt er produziert Waren erst auf konkrete Nachfrage anderer hin oder, wenn er davon ausgeht, daß andere in Kürze nachfragen werden, hat er von seinen Produkten welche auf Lager.

[…]



Dieser Artikel ist redigierter Teil der ersten vier Bände der Edition !_scheuklappenfrei_! 

© Joachim Endemann