Neues aus Täuschland _ Teil3: Der Königin von Täuschland geht es schlecht

Der Königin von Täuschland, dieser Königin, die keine Kinder hat und noch lange herrschen will, geht es gar nicht gut.

Sie hatte ihren Schreiberlingen   _s o   s e h r_  aufgetragen, sie sollen doch bitte nur das schreiben, was ihr Kreuzchen bringt, denn es naht wieder dieser Tag, an dem sie viele Kreuzchen von ihren Untertanen braucht, auf besonderen Papieren, um Königin zu bleiben.

_A b e r_   ihre Untertanen hatten etwas Seltsames entdeckt.

Sie hatten das Neuland entdeckt — und in diesem Neuland standen auf einmal Dinge, die gar nicht gut für ihre Kreuzchen-Sammelei waren — da schrieben auf einmal Menschen Dinge auf, denen sie gar nicht erlaubt hatte, zu schreiben.

Diese frechen, freien Schreiberlinge waren sogar so impertinent, dass sie vieles gar nicht glaubten, was sie ihnen erzählt hatte,

_j a_

sie

_h i n t e r f r a g t e n_

die Dinge regelrecht.

Tag für Tag ließ sie ihren Untertanen berichten, wie gut sie es bei ihr hatten und wie viele wunderbare Dinge sie doch herstellten und verkauften, an die anderen Länder, die sich dafür Dukaten borgten, und immer wieder versicherte sie ihnen, dass sie alles zu ihrem Besten mache.

Und was machten diese undankbaren Untertanen?! Sie stellten einfach alles in Frage:

Sie glaubten ihr nicht, dass es ihnen allen so gut ginge.

Schließlich waren die Untertanen zwar Untertanen, aber keine Dummertanen. Und sie sahen sehr wohl, dass sie immer weniger Dukaten hatten und die Freunde der Königin immer mehr. Die Untertanen merkten auch, dass die Menschen in den Nachbarreichen immer böser auf sie wurden, weil der Hofstaat der Königin einfach nicht aufhörte, den Menschen in den Nachbarländern zu sagen, was sie zu tun hätten.

Und noch etwas geschah:

Etwas Schlimmes war ja, so sagt man, in der großen Bärenstadt, geschehen, und, so sagt man, viele Menschen hatten dabei ihr Leben verloren, und die geheimen Freunde der Königin mit ihren Geheime-Freunde-Beweisen hatten den bösen Buben fast schneller gefunden, als dieser böse war, denn mal fanden sie ein Teil hier und mal fanden sie ein Teil dort, dann verschwand wieder etwas und sie fanden etwas anderes.

Die Untertanen, die ja, wie gesagt, keine Dummertanen waren, erinnerten sich, dass auch schon früher ganz schlimme Dinge in Täuschland passiert waren und immer waren die geheimen Freunde darin verwickelt:

Mal halfen sie, mal verschwanden sie.

Es war schon seltsam, was da in Täuschland so geschah. Und so gab es immer mehr Untertanen, die sich Gedanken machten, was denn da wohl so wirklich geschehen war.

Die Königin und ihre Hofnarren beobachteten dies argwöhnisch und so ordnete der Ordnungsminister an, dass der Hofstaat von nun an genau sagen werde, was denn Wahrheit sei und was denn Lüge. Denn schließlich, das weiß doch jeder, weiß eine Königin am besten, was in ihrem Täuschland wahr ist und was nicht

— O D E R?

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© Kirsten Grunau (__EndemannVerlag__)