Ob es etwas zu bedeuten hat . . .

Ob es etwas zu bedeuten hat, wenn jemand zu offenbar gegen die muslimische Gemeinde in Dresden sich richtende Detonationen von Sprengsätzen (__am 27. Sept. ’16__) zwar nichts Überzeugendes schreibt, hingegen in seinem Text einen „übertriebenen Nationalismus“ beklagt?

Was mag dieser Autor damit gemeint haben, wenn „Nationalismus“ schon völlig genügt hätte, und er auf seiner FB-Seite stolz den (__hier sinngemäß zitierten__) Slogan präsentiert: „Tue lediglich jenes, das du mit deinem Gewissen vereinbaren kannst“?

Nun, der Slogan läßt auf Kant schließen. Das sagt übrigens mehr darüber aus, was Kant so wundersam abgehoben von allen Alltäglichkeiten des realen Lebens der Menschen, sozusagen als vom hohen Gipfel herableuchtend theoretisiert ausformuliert hat:

Das Gewissen, einerseits.

_ _ _

Und das reale Sein, andererseits.

Entweder stimmt es mit dem realen Leben überein oder es ist abgehoben und jeder, der _diesem_ Gewissen folgen wollte, käme in größte Not, denn das reale Sein, in das er hineingeboren und eingebettet existiert und also nicht mal eben verlassen kann, will er sich nicht allein ins Unbekannte begeben, sich also isolieren, bestimmt nicht nur sein Tun.

Stimmt es aber mit dem realen Leben überein, was, so man ins reale Leben auf eine Weise hineingeboren worden ist, daß vom sozialen Umfeld keine Infragestellung des Verhaltens im realen Sein erfolgt, zu einem Gewissen führt, daß dem Geschehen und Vorkommen im realen Leben entspricht, man somit mit seinem Gewissen im Einklang wäre mit dem realen Sein. Dann aber wäre es lediglich noch die Frage, _ob_ das Geschehen und das Vorkommen im realen Leben

(__objektiv betrachtet, also von jemandem, der nicht eingebunden ist in das zu _beurteilende_ reale Sein eines Menschen oder einer ganzen Gesellschaft und der abstrahieren kann__)

tatsächlich als _voll_ oder als _reduziert_ menschlich zu bezeichnen wäre. Immerhin war es in der Zeit des Nazismus‘ so, daß selbst jene, die andere Menschen vergasten, sich im Einklang mit dem Kantschen Imperativ wähnten. Das heißt das eigene Gewissen ist eher vom sozial Gewohnten bestimmt, als daß es eine unabhängige innere Instanz wäre, die _mir_ STOP gebietet, läuft schief, was in einer Gesellschaft von Menschen _nicht_ passieren darf, und ein anderer mit einem solchen Gewissen weiß,

_sozusagen kantisch symptomatisch_

, einerseits dann nichts Überzeugendes niederzuschreiben zu einem abstoßenden Verhalten anderer und andererseits zugleich verwendet die Stilblüte von einem „übertriebenen Nationalismus“.

Nun, für mich ist das durchaus ein schlimmer Beleg für die Verseichtung bürgerlicher Intellektualität.

Tja, wenn ich daran denke, welche durchaus meist selbst bürgerlichen Intellektuellen schreibend oder/und photographisch vom gesellschaftlichen Geschehen zu berichten wußten, bspw. in einer bürgerlichen Zeitschrift wie Vanity Fair in den zwanziger Jahren:

hierbei selbst_verständlich sich eigenständig ausdrückend, also je ihr eigenes Format, aber einen gemeinsamen Ton der Aufklärung hatten

, dann wird das mit dem Aufstieg des Nazismus‘ eingesetzt habende Siechtum bürgerlicher Intellektualität erschreckend deutlich, denn es stoppte nach dessen Ende ja nicht, sondern findet sich aktuell versiecht in marktkonformem Denken. Und so „veranstaltet“ man heute seichtes Tamtam fürs Fenster, während innen alles für den Coup vorbereitet wird, denn die „Willkommenskultur“ war eine temporäre Aberration, die immer noch als Erinnerungsspur durch die Köpfe marktkonform ab_gerichteter, also reduzierter menschlicher Wesen spuken mag, aber nichts als Deckmantel übler Politik war und ist, wie ausreichend belegt ist hier:

Während 1999 ein Exstraßenkämpfer mit seinem elenden Ausspruch: „Auschwitz verpflichtet uns“, den gegen Serbien geführten Angriffskrieg nicht nur legitimierte, sondern die ganze Friedensbewegung lahmlegte, und auf diese Weise erst ermöglichte, daß das „Zeitalter der Menschenrechtskriege“ seinen Anfang nehmen konnte

(__vgl. Es werde mehr Licht! Mehr Demokratie wagen in der Lobbykratie? Untersuchung über die Konsequenzen der bürgerlichen Real-Demokratie, Kapitel 14: „Die Politik bürgerlicher Nichtversteher“__)

, scheint es mit der Begriffsbildung der „Willkommenskultur“ sich so zu verhalten, daß nun sogar ein ganzes Volk paralysiert zu sein scheint, denn die obige Verlinkung verdeutlicht zur Genüge, welche politische Niedertracht sich dahinter nicht nur verbirgt, sondern in wessen Namen sie ausgeübt wird.

© Joachim Endemann