Anmerkungen zu: „Das Grundeinkommen und die Menschenwürde“ von Paul Steinhardt

Dieser Artikel ist wichtig. Einmal deshalb, da er deutlich macht, daß offenbar eine Gruppe (BGE-Apologeten) eine andere Gruppe (NDS-Redaktion) dazu bringen kann, einen richtigen Artikel von Franz Alt als „besser gar nicht eingestellt“ zu bezeichnen, was doppelt bedenklich ist, ganz abgesehen von der seltsamen Argumentationsführung der NDS-Redaktion. Zum anderen ist der Artikel von Paul Steinhardt deshalb gut, da er sich mit diesem Artikel von Franz Alt richtig beschäftigt, so daß dem Leser Aufklärung geboten wird.

Es ist die so falsche deutsche Politik, die den Eindruck erweckt, als ginge die Arbeit aus, und daß es ohne so schwerwiegende wie vielschichtige Konsequenzen möglich sei, Löhne zahlen zu können, von denen immer mehr Menschen immer schlechter leben, bzw. aufstocken müssen und andere arbeitslos werden, wodurch jener Teufelskreis erst in Gang gesetzt wird, aus dem auszubrechen ein BGE den Ausweg weisen soll.

Nun ist allerdings die Ausgangslage auch dadurch kompliziert, daß man auf die Bemerkung hin:

Die Löhne müssen konstant und jährlich im Rahmen der Goldenen Lohnregel steigen

, sowohl von Gewerkschaftern als auch SPDlern und anverwandten Parteien, die sich Reformen offenbar lediglich im Rahmen der neoliberalen Ideologie_Vorgabe vorstellen können, die Antwort bekommen kann, daß das gar nicht ginge, denn:

Die Menschen würden dann immer mehr verdienen.

Nun, solchen Figuren scheint der neoliberale Ideologie_Satz erfolgreich eingetrichtert worden zu sein, daß der heilige Markt alles über seine unsichtbare Hand regle. Das ist nicht traurig, sondern dumm, da auf diese Weise a) die eigene (__?__) Klientel geschädigt wird und b) man sich in der Folge selbst abschafft.

Dabei ist es gar nicht so schwierig zu verstehen, daß sich der Erfindungsgeist von Unternehmer in Wertschöpfung erschöpfen sollte, nicht aber darin, auf die Politik (__über entsprechende Lobbyisten__) derartig Einfluß zu nehmen, daß die sie beim Zahlen schlechter Löhne kräftig unterstützt. Was übrigens auch belegt, daß es eben nicht gut ist, wenn Unternehmer die politischen Geschicke eines Landes bestimmen, haben diese einen strengen betriebswirtschaftlichen Tunnelblick.

Ist es doch erst eine flächendeckend _direkt_ an die erfahrungsmäßige Produktivitätsentwicklung gekoppelte Lohnentwicklung, die a) immer neue Geschäftsfelder eröffnet (__während andere nicht weiter bestellt werden mögen__) und dann b) niemand so ohne weiteres eine harte Arbeit unterbezahlt annehmen muß.

Das schaffte quasi nebenbei eine völlig andere Ausgangslage für andere gesellschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten, wie beispielsweise eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: wegen der massenmäßigen Partizipationsmöglichkeiten.

Wer also den Zusammenhang zwischen Produktionsentwicklung und notwendig gleichlaufender Lohnentwicklung nicht erkennt, soll alles tun, was er für richtig hält, aber nicht bestimmen wollen, daß ein BGE zu einem weiteren gesellschaftlich normsetzenden Mittel gemacht wird, _ohne_ sich

_vorher_

über die Konsequenzen klargeworden zu sein.

Das heißt der ganze Agenda 2010-Nonsens ist über ein solches Grundeinkommen nicht zu überwinden, sondern ist erst die Bedingung dafür, solch ein Einkommen als vermeintliche Lösung auszumachen.

(__In diesem Zusammenhang lohnt die Lektüre des Buches von Heiner Flassbeck, Friederike Spiecker, Volker Meinhardt und Dieter Vesper, „Irrweg Grundeinkommen – Die große Umverteilung von unten nach oben muß beendet werden“, Westend 2012.__)

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Dennoch ist es zu begrüßen, daß die Stadt Utrecht mit einem mehrjährigen, universitätsgestützten Projekt begonnen hat, das über mehrere Fragestellungen abklären helfen soll, wie und ob ein Grundeinkommen realisiert werden könnte. Die Annahme der Verantwortlichen dieses Projektes ist dabei, daß jemand mit Grundeinkommen dennoch alles unternehmen werde, schnellstmöglich wieder einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Ob da nicht der andere Weg über die flächendeckende Bezahlung gemäß der Goldenen Lohnregel besser wäre?

Aus meiner Sicht ja, aber dann wären die Widerstände entschieden größer — gefördert über das übliche massenmediale Tamtam und mit Unterstützung von so manchen bedenklich dreinschauenden „Zeugen“.

Von einer Linken kann selbstverständlich nicht verlangt werden _dafür_ zu kämpfen, oder?

© Joachim Endemann (__EndemannVerlag__)